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7. Das Geheimnis der "Monochromen Kelims"
Ein Auszug aus dem Inhaltsverzeichnis:
Monochromie
Einführung
Sufismus
Zoroastrismus, Manichäismus
Yezidentum
Ali allahi
Technische Analyse
Ausgewählte Literatur
Ein Auszug aus dem 1. Kapitel
Monochromie:
"Den Begriff "Monochromer Kelim" verwende ich für
die aus dem Bijdar-Gebiet in West-Iran
stammenden Kelims, deren Mittelfeld überwiegend aus verschiedenen
Rottönen
(bis Brauntönen) mit individuellen Strukturen aufgebaut ist. Gruppencharakteristische
Merkmale dieser bis jetzt unbekannten und unerforschten Flachgewebe habe
ich im
Abschnitt "Technische Analyse" der vorliegenden Arbeit aufgelistet.
Im Unterschied zu den
verschiedenen Web- und Knüpfarbeiten der Nomaden/Bauern Persiens,
die inzwischen
das Thema unzähliger Publikationen geworden sind, ist mir die Dokumentation
und
Behandlung dieser Flachgewebe nirgendwo bekannt.
Dementsprechend fand ich weder eine lokale Bezeichnung noch einen Handelsnamen
für
diese Kelims. Ob diese Tatsache mit dem rätselhaften Charakter dieser
Flachgewebe und
deren Verwendung bei religiösen Ritualen, die im Geheimen stattfanden,
in Verbindung steht?
Zwar erfaßt der Begriff der "Monochromie" in der zeitgenössischen
Kunst ein durchaus
heterogenes Feld künstlerischer Arbeiten, es ist aber wohl problematisch,
diesen Begriff
ohne weiteres in diesem Zusammenhang zu gebrauchen.
Trotzdem habe ich bewußt diesen Ausdruck
gewählt, um - erstens meiner Ansicht und
Empfindung nach die vorhandenen Parallelen aufzuzeigen,- zweitens unter
anderem die
Aufmerksamkeit der Fachleute auf dieses Thema zu lenken, um einer längst
fällig gewordenen
Diskussion einen Anstoß zu geben, um letztendlich zu provozieren.
Ein Vergleich zweier so gegensätzlich erscheinender Themen, wie die
Webarbeiten
der Bauern/Nomaden einerseits und die Kunst eines aufgeklärten, sich
als Philosoph
verstehenden Malers andererseits, mag gewagt erscheinen.
Es sind aber die interessanten Parallelen der Kunst der Moderne mit der
visuellen archa-
ischen Einfachheit dieser Kelims nicht zu übersehen. Dieser Vergleich
ist auf jeden Fall
nicht zur Aufwertung der hier behandelten Kelims aufgestellt. Wenn man
den kulturhis-
torischen Wert und die hohe eigenständige und künstlerische
Sensibilität dieser Stücke im
Betracht zieht, erübrigt sich sowieso jede Anstrengung in dieser
Richtung von allein.
Ein unreflektierter Vergleich mit der modernen Malerei hinkt auch deswegen,
da diese Kelims
vor einem völlig anderen Hintergrund entstanden sind. Fest steht,
dass die Kelims ohne Absicht "Kunst" zu schaffen, hergestellt
worden sind, aber vielleicht eine funktionelle Magie enthalten,
die aus der Zeit eines weit zurückliegenden Kulturzyklus der Menschheitsgeschichte,
dessen
Ursprünge in prähistorischer Zeit liegen, herstammen und inzwischen
in den westlichen
Industriegesellschaften verloren gegangen sind. Ist das der Grund, warum
die Kelims uns so
vertraut vorkommen?
Es ist zu hoffen, daß die weiteren Untersuchungen die Geheimnisse
dieser Kelims mehr ans Tageslicht bringen und deren Bezeichnung auch präzisieren.
In der Malerei werden unter "Monochromie" (griech. "Einfarbigkeit")
die Bilder bezeichnet, die aus einem einzigen Farbton
oder in gering voneinander abweichenden Tonstufen aufgebaut sind. Bildinterne
Figur-Grund-
Differenzen und andere Formen innerbildlicher Gestaltung sind zugunsten
mehr oder weniger
homogener Flächigkeit ausgeschaltet. Nach ersten monochromen Tendenzen
in der Avantgarde
der 20er und 30er Jahre (Kasimir Malewitsch), gilt sie seit den 50er Jahren
(Mark Rothko,
Yves Klein, Barnett Newman) bis zur heutigen Zeit als eine programmatische
Stiltendenz der
zeitgenössischen Kunst, als letzte Vereinfachung des gegenstandslosen
Raumerlebnisses.
Die Gemeinsamkeiten der Arbeiten dieser Künstler beziehen sich auf
die radikale Reduktion
der bildnerischen Ausdrucksmittel und die damit entstandene Einfarbigkeit
ihrer Werke.
Die Theorien über die sinnliche Wirkung der monochromen Bilder als
"Versenkungskunst" auf
die Betrachter sind in diesem Zusammenhang höchst interessant.
Diese Bilder sollen durch ihre Gegenstandslosigkeit das subjektive Erleben
fördern. Sie bilden
einen Ausgangspunkt für eine Meditationsebene. In dieser Eigenschaft
können sie direkte Auslöser transzendenter spiritueller Erfahrungen
sein. Es können bei solchen homogenen Stimulationen
extensive Halluzinationen und "Blank out"-Effekte auftreten.
Während dieser "Blank out"-Phasen können im Gehirn
verstärkte Alpha-Wellen-Aktivitäten nachge-
wiesen werden. Der Künstler James Turrell bezog sich in seinen Arbeiten
gezielt auf den
meditativen Alpha-Zustand. Rothko war um überindividuelle , mythisch/religiöse
Erfahrungen
bemüht. Die Begegnung mit seinen Gemälden begünstigt die
meditative Selbstvergessenheit
und innere Versenkung des Beschauers. Bei Klein geht es stets um die immaterielle
Ausstrahlung
seiner Bilder. In seiner mythischen Einheitsvorstellung von Geist und
Materie, zwischen Mensch
und Welt, deren Dualität im realen Leben er immer wieder betont,
versteht er sich als Vermittler
der Einheit von Geist und Materie. Ihm obliegt es, Dinge zu schaffen,
die diese Einheit mit dem
Universum wiederherstellen und es dem Menschen ermöglichen, das Individuelle
zugunsten des
Absoluten abzustreifen."
Dr. Razi Hejazian, Berlin 2000
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